Cassys Blog

über Männer, Frauen, Erotik & Feminismus

Nacktfotos – Dummheit und/oder moralische Erpressung

Hallo, meine Lieben!

In letzter Zeit schlugen wieder mal vermehrt Feeds mit dem Thema „Nacktfotos“ unterschiedlichster Natur in meinem Feedreader auf. Von Promis bis hin zu mobbenden und gemobbten jungen Frauen.

Fangen wir mal mit den Promis an.

  • Der russische Snowborder Alexey Sobolev klebte anscheinend seine Handynummer auf den Sturzhelm und erhielt massenhaft Nachrichten. Darunter auch Dutzende Nacktfotos. (Dass er sich letztendlich für eine Frau in einem engen Kleid, entschied, macht mir den Mann richtig sympathisch.)
  • Der US-Bachelor Juan Pablo Galavis schickte ein Bild seines besten Stücks an die Gewinnerin der Dating-Show. Anscheinend war die nicht sonderlich beeindruckt, denn die Fotos tauchten anschließend in ihrem Bekanntenkreis auf.
  • Und natürlich Justin Bieber: Fleischgewordenes Zeugnis dafür, dass doofe Pop-Sternchen nicht immer weiblich sein müssen. Oder die falschen PR-Berater haben. Bei der Razzia in seiner Villa hatte die Polizei unter anderem auch sein Handy konfisziert. Danach äußerten sich Freunde und Bekannte, er sei jetzt „beunruhigt, dass sich Nacktfotos auf dem Telefon befinden könnten“. Die sich gerüchteweise ebenfalls darauf gespeicherten Drogenkontakte schienen ihm und seinen Freunden dagegen weniger Sorgen zu machen. Es lebe der amerikanische Puritanismus! Als ich dann noch bei Recherchen die reißerische Schlagzeile Justin Bieber singt nackt für seine Oma auf PRO7 fand, fiel mir völlig die Kraft aus dem Gesicht. Die arme Oma!

Kommen wir jetzt zu den anderen Überschriften.

Nun, bis zu einem gewissen Grad kann ich den Druck, der von außen kommt, nachvollziehen. Von mir gab es auch mal Nacktfotos. Die Betonung liegt auf gab. Außerdem waren die noch aus Papier. Ich weiß, wie das ist, wenn der Traummann drängelt und mit verführerischer Stimme flüstert „Die sind nur für mich. Ehrlich!“. Und wenn man sich ziert, ein „Komm schon! Du liebst mich doch, oder nicht?“ hinterher setzt. Diese Form der moralischen Erpressung finde ich am schlimmsten. Natürlich liebt man den Mann an seiner Seite. Wenn das jedoch als Mittel zum Zweck gegen einen eingesetzt wird, hat das mit Liebe nicht mehr viel zu tun. Damals war ich aber noch naiv genug, mich darauf einzulassen.

Dann hatte es sich irgendwann ausgeträumt. Glücklicherweise wohnten wir zusammen, und ich wusste, wo er die Dinger plus Negative aufhob. Es waren alles da – bis auf ein Foto. Fragt nicht, was das für ein Zirkus war, bis ich auch das ausgehändigt bekam. Und ich weiß bis heute nicht, wer das eventuell in den mittlerweile verstrichenen vier Monaten zu Gesicht bekommen hatte. Ich glaube zwar nicht, dass er es herumgezeigt hatte, aber ein mieses Gefühl blieb. Seit der Zeit gab es auf eine diesbezügliche Anfrage nur noch ein scharfes „Vergiss es! Aber ganz schnell!“.

Umgekehrt bekam ich auch schon (teilweise unaufgefordert) explizite Bilder aufs Smartphone. Einer wusste genau, ich würde es sofort löschen. Einem wäre es ziemlich wurscht gewesen, ob ich sein Foto herumgezeigt hätte oder nicht. Der war seeehr stolz auf sein „Hammerteil“. Zwei sprachen mich nach unserer Trennung darauf an.

„Wieso hast du es mir dann damals überhaupt geschickt?“, fragte ich.
„Ich dachte, es macht dich heiß“, war mehr oder weniger die Antwort.
Ahhh ja!

Irgendwie scheint sich noch nicht richtig herum gesprochen zu haben, dass nicht jede Frau in Jubelschreie ausbricht und sofort feucht wird, wenn sie einen Penis auf ihrem Smartphone entdeckt. Mit einer kurzen Nachricht von meinem Partner a lá „Rate mal, was der heute Abend mit Dir macht“ lasse ich mir das ja noch gefallen. Aber zwei kannte ich nicht mal persönlich, sondern wir hatten nur Mail- bzw. SMS-Kontakt. Die Krönung war, als so ein Foto bei mir aufschlug, als ich einen Kundentermin hatte. Gott sei Dank öffne ich private Mails/SMS/MMS nie im Beisein Dritter. Abends schrieb ich eine Mail und fragte ihn, ob er noch alle Kondome in der Schublade hätte. Außerdem teilte ich ihm recht schroff mit, dass er sich besser nicht mehr bei mir melden sollte. Ich bin mir sicher, der zählt auch zu denjenigen, die das Foto gespeichert haben und bei Bedarf rumschicken.

Inzwischen beschäftigen sich auch das Dreigestirn Judikative, Exekutive und Legislative mit dem Problem

Das Problem wird sich damit allerdings leider nicht eindämmen lassen. Man kann nur immer wieder darauf hinweisen, dass das Internet nun einmal nicht anonym ist. Und dass es immer wieder Verführer gibt, die es nicht gut mit einem meinen, sondern ausnutzen und bloßstellen. Scham ist ein zu hoher Preis, um geliebt zu werden oder dazu zu gehören. Bevor man sich also darauf einlässt, sollte man sich immer Folgendes vor Augen halten:

„Sie haben das Recht, Nacktfotos zu verweigern.
Alle Nacktfotos können im Internet gegen Sie ver­wen­det wer­den.
Sie haben das Recht, bei jeder Anfrage Ihren Verstand zu benutzen.
Sollten Sie sich aus den falschen Motiven dafür entscheiden, werden Sie es bereuen.
Haben Sie das verstanden?“

 

Ich wünsche Euch noch eine schöne Zeit.
Eure

 

 

Autor: Cassandra Bouffier

Großstadtkatze und Bloggerin aus dem Rhein-Main-Gebiet. Sternzeichen Weibsstück, Aszendent Biest. Schreibt und lästert vorwiegend über Erotik, Männer, Frauen und Partnerschaften. Auch zu finden auf Google+ und Twitter