Jugendschutz für erotische Romane

- Oder: Der Dummfug mit dem Jugendschutz für eBooks

Hallo, meine Lieben!

Ein Transgender-Roman hat eine Diskussionslawine losgetreten, ob es einen Jugendschutz für erotische Romane geben soll oder nicht. Wobei man dazu sagen muss, dass dies nur für eBooks, nicht aber für Bücher gelten wird.

Warum muss es ausgerechnet bei eBooks einen Jugendschutz für erotische Romane geben?

Laut Telemediengesetz müssen „Anbieter von Telemedien, […] die nach §12 des Jugendschutzgesetzes gekennzeichnet oder für die jeweilige Altersstufe freigegeben sind, auf eine vorhandene Kennzeichnung in ihrem Angebot deutlich hinweisen.“

Und eBooks sind Telemedien, weil die Europäischen Kommission „die Feststellung beantragt“ hat, dass Frankreich und Luxemburg bei eBooks gegen die Mehrwertsteuerrichtlinien verstoßen. Die Länder hatten nämlich auf diese den gleichen Steuersatz angewandt wie auf Bücher. Die Europäische Kommission argumentierte, eBooks seien „elektronisch erbrachte Dienstleistungen“ und daher sei der ermäßigte MwSt-Satz nicht anzuwenden. Diesem Antrag hat der Gerichtshof der Europäischen Union stattgegeben. Was heißt, dass in dem Fall auch der wesentlich strengere Jugendmedienschutz-Staatsvertrag gilt. Lang lebe Brüssel!!!

Wie soll diese Jugendschutz-Kennzeichnung erfolgen?

Statt – wie bei Filmen oder Spielen üblich – eine Prüfstelle einzurichten, sollen Verlage (und natürlich auch Selfpublisher) diese Kennzeichnung bei der Veröffentlichung in einem Feld der Buchshops eintragen. Nachtigall, ick hör dir trapsen! Als Selfpublisher eines erotischen Romans hat man dabei nämlich ganz schnell die Arschkarte gezogen. Entweder man nimmt gar keine Alterskennzeichnung vor – dann ist das eBook automatisch „ab 18“. Oder man kennzeichnet es mit „ab 16“ und einem Hüter von Moral und Anstand ist der Inhalt zu „pornografisch“, was unter Umständen eine Abmahnung zur Folge hat. Die Bücher der großen Verlage bleiben nach wie vor ungekennzeichnet, und von dort ist das entsprechende eBook nur noch einen Mausklick entfernt.

Warum gibt es keine Kennzeichnung für Bücher?

Bücher unterliegen „nur“ dem Jugendschutzgesetz. Laut §18 gelten „unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien“ und solche, in denen „Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden“ sowie „Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahe gelegt wird“ als jugendgefährdend. Diese landen nur in Extrem-Fällen auf dem Index; d.h. sie dürfen nicht öffentlich beworben oder angeboten werden (nannte man früher „Bückware“, weil sie unter dem Tresen lagen). Die Geschichte der O wurde z.B. 1982 in Deutschland indiziert und erst 2008 wieder von der Liste gestrichen. Dazu muss aber erstmal jemand „Hallo! Prüft das mal!“ schreien. Wo kein Kläger, da kein Richter.

Gilt die eBook-Kennzeichnung nur für erotische Romane oder auch für andere Sparten?

Das Gleiche wird dann wohl auch für Krimis gelten. Richtig lustig wird es bei einer Buchverfilmung. Nehmen wir mal als Beispiel 50 Shades of Grey:

Das Buch kann eine 15-Jährige ohne weiteres im Laden (oder sogar online) kaufen.
Das eBook gibt es wegen „expliziter“ Szenen möglicherweise erst ab 18.
Die Verfilmung war ab 16.

Mal im Ernst: Da haben doch einige den Schuss nicht gehört, oder?

Man könnte natürlich auch bei eBooks – wie bei Filmen oder Hörbüchern – gekürzte Versionen einführen. Dann wäre der Irrsinn perfekt.

Wer ist denn für den ganzen Bohei verantwortlich?

Laut einem Interview mit Verena Weigand von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) gab es Beschwerden von Internetnutzern über den Am Anfang erwähnten Roman. Ich bin mal richtig garstig und behaupte, in Berlin wäre das nicht passiert. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wurde darauf aufmerksam(!) und ist auf Frau Weigand zugegangen(!). Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Denn Selfpublisher – besonders erfolgreiche – sind den großen Verlagen schon lange ein Dorn im Auge.

Und wenn Ende 2017 die Aktion mit den eBooks abgeschlossen ist, wird irgendeiner unterbeschäftigten Dumpfbacke auffallen, dass es ja auch noch Hörbücher gibt. Wetten?

 

Ich wünsche Euch noch eine schöne Zeit.
Eure

 

 

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